Sonntag, 7. August 2011

Workflow für EPUB und MOBI: Eigene eBooks erstellen mit Open Source-Programmen

Inzwischen habe ich unter Pseudonymen einige eBooks produziert (z.B. http://bit.ly/n0rfgo). Größten Frust bereitete am Anfang die Datei-Erstellung im EPUB- und MOBI-Format. Einerseits wegen Unkenntnis der technischen Grundlagen, andererseits, weil diese XML-basierten Dateiformate kein festes Layout ermöglichen. Letzteres ist für mich als Verlagsmann, dem gute Buch- und Zeitschriftengestaltung am Herz liegt, ein Graus. 

Auf EPUB basierende eBooks erlauben die dynamische Anpassung des Textes an die jeweilige Bildschirmgröße des Lesegeräts (eReader wie iPhone, iPad, Kindle etc.). Das ist gegenüber PDF, bei dem gestaltete Seiten wie im gedruckten Buch angezeigt werden, ein Nachteil. EPUB-Texte und -Bilder werden auf jedem eReader anders „umbrochen“. Der Einfluss des Layouters ist gering. Dafür bleibt der Text auch auf kleinen Displays lesbar, was bei PDF nicht gesichert ist bzw. den Leser zu ständiger manueller Ausschnittsvergrößerung zwingt.

Kurz gesagt lässt der aktuelle EPUB-Standard aus dem Jahr 2007 Raum für vielfältige Verbesserungen. Bis es soweit ist, beschränke ich mich im Layout auf das Nötigste. Das erspart Frust und Zeitverschwendung.

Durch die diversen eBook-Projekte habe ich nach und nach meinen eigenen Workflow mit Open Source-Programmen entwickelt, der zu brauchbaren EPUB- und MOBI-Dateien führt. Diesen möchte ich kurz vorstellen. Vielleicht hilft das anderen eBook-Selfpublishern. Oder es bekommen Tipps, was ich verbessern könnte.

Vier Dinge möchte ich vorausschicken:

A) Ich bin kein Grafiker oder Web-Designer, sondern ein Verlagsmanager und Sachbuch-Autor auf Selbsterfahrungstrip in der neuen eBook-Welt (siehe http://bit.ly/iCnHGa).

B) Leider geht EPUB-Erstellung nicht ohne rudimentäre Kenntnisse darüber, was Formatvorlagen und HTML-Tags sind. Wer keine Zeit bzw. Lust auf „Programmierung“ hat sowie ohne profunde Computer-Kenntnisse durchs Leben geht, sollte sein Manuskript bitte einem EPUB-Profi zur Umwandlung geben. Das ist gut angelegtes Geld. Ein schlechtes EPUB ärgert die Leser und schädigt den Ruf des Autors (siehe http://bit.ly/nTqVrh).

C) Die Profis nutzen Profi-Software. Für Selfpublisher lohnen sich die Anschaffungskosten nicht. Alternativ gibt es kostenlose Open Source-Software. Man muss sich „nur“ in jedes Programm einarbeiten und ggf. mit technischen Unzulänglichkeiten leben. Wer ein einigermaßen professionell anmutendes Ergebnis will, braucht Ausdauer, Gespür für Layouts und Freude am Lernen.

D) Es gibt viele Wege, um vom Manuskript zur EPUB- und/oder MOBI-Datei zu kommen. Hier zeige ich meinen Weg und stelle den Workflow zur Diskussion.
Wer nur bei Amazon veröffentlicht, kann dort sogar WORD oder PDF einreichen. Der Server des Händlers macht daraus AZW, eine MOBI-Variante. Leider sind die so erzeugten Dateien keine Zierde. 
Mein Workflow geht in Richtung EPUB, weil dieses Format, anders als MOBI, von fast allen Vertrieben und eBook-Shops akzeptiert wird. Zudem behalte ich, soweit möglich, die Kontrolle über das Layout sowie die Zusatzfunktionen (Inhaltsverzeichnis, Navigation, Metatags etc.).

Genug der Vorrede. Hier mein Workflow:

1. Manuskripterstellung mit Libre Office

Libre Office, eine Programmsammlung wie Microsoft Office, hieß früher „Open Office“. Zum kostenlosen Download stehen die Varianten für PC, Mac und Linux unter http://de.libreoffice.org/ 
Gegenüber Microsoft Word erzeugt die hervorragende Textverarbeitung von Libre Office gute XML- und HTML-Dateien. Word wird importierte und auch gespeichert. Für meine Texte nutze ich beim Sichern das ODT-Format.
Im Manuskript vermeide ich möglichst jede Gestaltung (Schriftart, Größe, Aufzählungszeichen etc.) und beschränke mich auf die Standard-Formatvorlagen, z.B. für die Überschriften (Überschrift 1, Überschrift 2 etc.). Daraus entsteht später das Inhaltsverzeichnis. Bilder sowie Grafiken werden nicht in den Text eingebunden. Aber Textmarken und Hyperlinks für die Navigation anzulegen ist empfehlenswert.
Ist das Manuskript fertig, speichere ich es als HTML-Dokument.
Das Cover erstelle ich mit dem Zeichenprogramm von Libre Office und sichere das Ergebnis im JPEG-Format in drei verschiedenen Kompressionsstufen (100%, 60% und 30%). Für die Bildbearbeitung ist das Zeichenprogramm nicht geeignet. Dazu gibt es andere Open Souce-Software, zum Beispiel Gimp.

2. HTML-Bearbeitung mit KompoZer
KompoZer (http://kompozer-web.de/) ist ein HTML-Editor mit grafischer Bedieneroberfläche. Das Schreiben von HTML-Tags ist nicht notwendig, da man sein Manuskript wie in einer Textverarbeitung vor sich hat. Es ist jederzeit möglich (und manchmal sinnvoll) den HTML-Quelltext zu bearbeiten.
In KompoZer öffne ich die HTML-Datei und erstelle das Text-Layout sowie die Navigation. Das heisst, ich platziere die Absätze, Aufzählungen, Tabellen, weitere Hyperlinks, Sprungmarken etc. in einer zentralen Manuskript-Datei. Die Bilder werden noch nicht eingebunden. 
Wichtig ist, dass das mit KompoZer erarbeitete HTML in einem Browser, wie Chrome oder Firefox, anständig layoutet aussieht und die Benutzerführung (über interne und externe Hyperlinks) klappt. Ein EPUB-eBook funktioniert mehr wie eine Webseite als ein klassisches Buch.

3. Mit Sigil zum EPUB 
Sigil ist mein bevorzugter Editor zum Erstellen des EPUB-Formats (http://code.google.com/p/sigil/). Wie bei KompoZer gibt es eine grafische Oberfläche. Ich importiere die HTML-Datei und speichere eine erste EPUB-Arbeitsversion. Jetzt füge ich die Bilder und Grafiken in den Text ein. Auch das Cover (niedrigste Auflösung). Metatags (Titel, Autor etc.) lassen sich ebenfalls anlegen. Dann prüfe ich, ob das automatisch aus den ehemaligen Formatvorlagen, also inzwischen den HTML-Tags (h1, h2 etc.), erstelle Inhaltsverzeichnis funktioniert. Ein Nachbearbeitung ist oft notwendig. Gleiches gilt fürs Text-Layout. Sigil erlaubt minimale optische Eingriffe. Experten können den XML-Quelltext bearbeiten (Code View), haben also umfangreiche Modifikationsmöglichkeiten. 
Sigil ist zickig. Jeder größere Arbeitsschritt wird deshalb als eigene Version abgespeichert, um bei einem Formatierungs- oder Softwarefehler nicht wieder von vorne beginnen zu müssen! Zwischendurch prüfe ich mit Sigil, ob die Datei technisch in Ordnung ist ("validate epub"). 
Zuletzt wird das Dokument mit der Chapter Break-Funktion in seine Kapitel zerschnitten. Das Startkapitel des Buchs wird mit der Anweisung „Add Semantics“ als „Text“ gekennzeichnet, die Frontseite als „Cover“ etc. Dann nochmals einen Erstellungslauf fürs Inhaltsverzeichnis und ein „validate epub“.

4. EPUB prüfen mit ePubChecker
Besonders Apple legt Wert auf die Konformität von EPUB-Dateien. Der kostenlose ePubChecker (http://code.google.com/p/epubcheck/) ist dafür eine große Hilfe. Wie alle hier erwähnten Programme läuft er unter verschiedenen Betriebssystemen.
Datei-Fehler, die im Check gefunden werden, korrigiere ich mit Sigil. Das kann mühsame Arbeit im Quellcode bedeuten. Wer nur bei Amazon veröffentlichen will, wird sich das sparen und gleich zu Schritt 5 gehen. Amazon ist nicht so zimperlich, wenn es um kleine Bugs in Dateien geht, wie Apple. 

5. Import in Calibre 
Eine möglichst fehlerfreie EPUB-Datei öffne ich zum Testen mit dem Konvertierungs- und eBook-Anzeige-Tool Calibre (http://calibre-ebook.com/). Hier kann ich seitenweise blättern und zum Beispiel die Hyperlinks sowie das Inhaltsverzeichnis prüfen. Wenn alles  funktioniert wie gedacht, ist die EPUB-Datei (endlich) fertig. Gegebenenfalls füge ich noch weitere Metatags mit Calibre hinzu und prüfe die neue Datei mit dem ePubChecker. Fertig.

6. Konvertierung in MOBI mit Calibre
Amazon akzeptiert EPUB-Dateien und wandelt diese automatisch in sein MOBI-Derivat. Das Ergebnis ist nicht immer erfreulich. Ich habe mir daher angewöhnt MOBI-Files einzuliefern, die optimiert und geprüft sind. Dazu konvertiere ich das EPUB in Calibre in MOBI. Als Ausgabe-Profil stelle ich bei der Seiteneinrichtung unbedingt „Kindle“ ein. Dann erfolgt ein Anzeigetest mit dem Kindle-Lese-App von Amazon (Mac oder PC). Ich könnte die MOBI-Datei auch per USB-Kabel auf mein Kindle-Gerät übertragen und dort öffnen.
Wenn alles funktioniert, ist die MOBI-Datei fertig und (meist) nach dem Hochladen so, wie Amazon sie später verkaufen wird.

That's my way. Ist das hilfreich für Dich? Wie sieht Dein Workflow aus? 

Maximilian Buckstern



"Maximilian Buckstern" ist das Pseudonym eines deutschen Buch- und Zeitschriften-Profi. Er arbeitet seit mehr als 20 Jahren im Medienbusiness, davon über zehn Jahre als Geschäftsführer von unterschiedlichen Verlagen. Als Verfasser von Sachbüchern (siehe zum Beispiel bei Amazon http://dld.bz/buckstern_amhttp://dld.bz/buchleitner_am) unter verschiedenen Namen sammelt und teilt er eBook- und Social Media-Erfahrungen. Buckstern lebt und arbeitet in Süddeutschland.


1 Kommentar:

  1. Hallo!
    Freue mich so sehr, dass ich diesen nützlichen Artikel gefunden habe. Vielen Dank für die Tipps!

    Grüße, Jena!

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